
Durch den gestrigen Gastbeitrag „inspiriert“ heute der Blick in Sachen „Medienkompetenz“ auf den Nachbarn Österreich von Stefan Kühne:
Nicht nur Deutschland wählt ein neues Parlament, auch im Nachbarland Österreich wird Ende September ein neuer Nationalrat gewählt. Grund genug also auch Mal bei den österreichischen Parteien nachzuschauen, ob sich das Thema „Medienkompetenz“ in den Wahlprogrammen findet. Neben den im Nationalrat vertretenen Parteien habe ich dazu auch die Programme von „NEOS“ und den „Piraten“ untersucht, die beide bei der Wahl antreten werden.
Das Ergebnis allerdings ist ernüchternd: Am ausführlichsten haben die Grünen ihre Position zur Medienkompetenz(-stärkung) erklärt, gefolgt von der SPÖ – bei den anderen Parteien weitestgehend Fehlanzeige. Oftmals wird noch nicht Mal auf das Internet oder die „digitale Gesellschaft“ bezug genommen. Hier gibt es also noch viel zu tun!
„Wir wollen die Medienkompetenz in unserer Gesellschaft unter anderem durch entsprechende Bildungsangebote fördern. Auf dieser Basis muß es auch zur Neudefinition der Verantwortung zwischen Medienproduzentinnen und -produzenten einerseits und -konsumentinnen und -konsumenten andererseits kommen. Es müssen in manchen Bereichen neue Formen der Selbstbeschränkung wirksam werden, es ist aber auch durch öffentliche Kontrolle – unter Einbeziehung relevanter Vertretungen der Konsumentinnen und Konsumenten – sicherzustellen, daß z.B. die Verherrlichung und Verniedlichung von Gewalt, die Diskriminierung von gesellschaftlichen Gruppen und die Ausbeutung von Schutzbedürftigen in allen Medienprogramminhalten wirksam unterbunden werden können. Klare Regeln müssen hinsichtlich der Informationsaufgabe und Ausgewogenheit sowie des Schutzes der Persönlichkeitssphäre von Bürgerinnen und Bürgern gelten.“ (S. 26 von 30)
http://spoe.at/iii10-politische-perspektiven
- ÖVP (Österreichische Volkspartei)
Der Begriff „Medienkompetenz“ taucht nicht in den Programmen und auch nicht auf der Homepage der ÖVP auf. Im (gültigen) Grundsatzprogramm von 1995 finden sich auf den Seiten 58/59 Aussagen zu „Neue Medien und Telekommunikation“, darunter:
„Die Vernetzung von Datenbanken aus verschiedenen Lebensbereichen birgt Gefahren für die Freiheit des Einzelnen. Wir wollen die Privatsphäre des Einzelnen schützen und den „gläsernen Menschen“ verhindern. Wir sehen daher einen Auftrag der Politik, mit rechtlichen Mitteln dort einzugreifen, wo die Eigenverantwortung zum Schutz des Einzelnen nicht ausreicht.“
Seit 2013 gibt es einen Arbeitskreis „Netzpolitik“:
Positionspapier „Selbstbestimmt in der virtuellen Realität“:
„Medienbildung an Schulen“
„Wir Grüne fordern daher, in Schulen Workshops und Module zum Thema Medienkompetenz und Medienbildung zu verankern. In Workshops sollen Kompetenzen erarbeitet und gestärkt werden. Dies soll kooperativ erfolgen, gemeinsam mit den LehrerInnen und Eltern. Auch können ExpertInnen hier eingebunden werden.
Das Internet verändert sich rapide, die Workshops sollen auf die rasanten Entwicklungen Bezug nehmen können. Eine solche Verankerung wäre notwendig, denn zurzeit hängt Medienbildung nur von engagierten LehrerInnen ab.
Es gibt verschiedene Initiativen und Organisationen, die sich mit diesem Thema beschäftigen, diese müssen unbedingt eingebunden werden. Denn Medienkompetenz bedeutet mehr als bloß Regeln für den respektvollen Umgang auf Facebook zu erstellen.“
„Selbstbestimmte Medienkompetenz“
„Die Selbstbestimmung junger Menschen muss erklärtes Ziel sein. Die Sicherheits- und Einschränkungsbestimmungen im Internet dürfen aber nicht zu weit gehen, es braucht einen guten Weg zwischen Freiheit und Sicherheit. Restriktive Kontrollen und Überwachung, so wie es ACTA vorsieht, gefährden den chancenreichen Umgang mit dem Internet.Wir Grüne treten auf europäischer und nationaler Ebene klar gegen das Anti-Piraterie-Abkommen auf, das massive staatliche Maßnahmen in Richtung Überwachungsstaat zur Folge hätte.“
Teilprogramm zur Medienpolitik, darin enthalten ein „Eckpunkte der Grünen zur Informationspolitik“.
Hier ist unter dem Stichwort „Medienkompetenz“ nichts zu finden.
Den „Tatort Internet“ gibt es immerhin im „Handbuch freiheitlicher Politik“ (S. 241) und auch sonst taucht das „Internet“ ein paar Mal auf – zum Teil mit durchaus lustigen Formulierungen: „Ziel muss es sein, jedes Bett via Internet buchen zu können.“ (S. 203) 🙂
- BZÖ (Bündnis Zukunft Österreich)
Auch im Parteiprogramm des BZÖ ist nichts zu finden, hier kommt auch der Begriff „Internet“ nicht vor.
Auch hier im Parteiprogramm nichts, die hätten dafür gerne ein Schulfach „Ernährungslehre“.
Bei der Nationalratswahl 2013 werden weitere Parteien antreten, darunter:
Der Begriff „Medienkompetenz“ taucht im Programm nicht auf. Im Bereich der Schule sollen LehrerInnen zumindest mit „Online-Systemen“ in der Unterrichtsvorbereitung arbeiten, ob damit Google, Wikipedia oder Anderes gemeint ist, wird nicht ausgeführt (S. 17 von 77 im Parteiprogramm):
„Kontinuierliche Weiterbildung der Lehrer_innen (primär in schulfreien Zeiten) und Unterstützung durch Expert_innen und Coaches sowie Online-Systeme für die Unterrichtsvorbereitung“
Der Begriff „Medienkompetenz“ taucht auch hier nicht auf.
Zusammengestellt von Stefan Kühne
Homepage Stefan Kühne: www.stefankuehne.net
Bei Facebook: Stefan Kühne
Von meiner Seite bleibt mir nur „Vielen Dank“ an Stefan zu sagen – und vielleicht findet sich ja jemand, der mal die Schweizer Parteien unter die Lupe nimmt.